Einsätze
22.08.2018 Brand Allmendstrasse, Udligenswil

Brand Einfamilienhaus in Udligenswil (LU)
Am Mittwoch, 22. August 2018 zieht in der Zentralschweiz ein Unwetter auf. Um 22.45 Uhr wird der Feuermeldestelle der Luzerner Polizei allerdings kein Wasserschaden gemeldet, sondern eine starke Rauchentwicklung aus dem Dach eines Einfamilienhauses in Udligenswil (LU). Rund 130 Feuerwehrleute von fünf Feuerwehren stehen für die Bewältigung des Ereignisses im Einsatz.


Der Disponent der Luzerner Polizei selektiert aufgrund der Meldung «Brand Gebäude» in Udligenswil. Das Alarmierungssystem löst dementsprechend Alarmstufe 2+ aus. Dies mobilisiert die komplette Ortsfeuerwehr Udligenswil, zusätzlich Elemente der Feuerwehr Adligenswil (Atemschutzverstärkung) sowie die Autodrehleiter der Stützpunktfeuerwehr Küssnacht am Rigi.
Oblt Daniel Forster sieht die Rauchsäule bereits auf der Anfahrt. Als einer der ersten Offiziere vor Ort rekognosziert Forster die Situation: Das freistehende Einfamilienhaus in weicher Bauart verfügt über ein Untergeschoss, in welchem sich unter anderem ein Öltank befindet, sowie ein Erd- und Dachgeschoss. Im Erdgeschoss sind Flammen sichtbar, eine grosse Hitzestrahlung ist spürbar und lässt bereits erste Fenster bersten. Einige Meter vom freistehenden Gebäude entfernt befinden sich östlich und westlich weitere Einfamilienhäuser. Das tüppige, regnerische Wetter ist für die Taktik nicht weiter relevant, allerdings weht der Wind Rauch und Hitze in Richtung eines Nachbarhauses. Forster übernimmt die Einsatzleitung. «Zuerst dachte ich noch, ich könnte eine Ausdehnung ins Dachgeschoss verhindern», erinnert sich Forster, «daher beorderte ich den ersten Atemschutztrupp vor die Eingangstür mit dem Auftrag, diese zu öffnen und mit dem Schnellangriff vorzurücken». Der Trupp kommt allerdings nicht weit – eine Rauchgasdurchzündung setzt das komplette Erdgeschoss sowie auch das Dachgeschoss in Vollbrand.

Der Einsatzleiter fällt folgende taktische Entschlüsse:
- Halten der Nachbargebäude
- Halten Untergeschoss mit Öltank
- Brand löschen

Er setzt einen Einsatzleiter Stellvertreter, einen Of Front, Of Atemschutz, Of Sicherheit sowie einen Abschnitts-Of für die Seite Hauptstrasse ein. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr Adligenswil und Einsatzelemente der Stützpunktfeuerwehr Küssnacht am Rigi treffen bereits frühzeitig ebenfalls vor Ort ein. Der Einsatzleiter beordert die Autodrehleiter zur Nordseite des Gebäudes zur Unterstützung der Brandbekämpfung. Um die Brandbekämpfung von der Seite Hauptstrasse her zu forcieren, bietet er eine weitere Autodrehleiter der Feuerwehr Stadt Luzern auf und weist diese dem Abschnitt Hauptstrasse zu. Die Brandentwicklung bewegt Forster dazu, zuerst eine defensive Taktik anzuwenden. Er befiehlt, Nachbargebäude 3 mit Hydroschild zu schützen und das stärker gefährdete Nachbargebäude 7 in weicher Bauart mit Rohrführerstellungen zu halten. Im Bereich der Fassade und unter dem Dach hat sich bereits viel heisser Rauch angestaut, ein Brandübergriff gilt es mit allen Mitteln zu verhindern – bis sich diese Situation stabilisiert, unterstützt eine Autodrehleiter die Kühlungsmassnahmen.
Im Brandobjekt selbst wird zum Schutz der Einsatzkräfte jeglicher Innenangriff abgebrochen. Der Einsatzleiter hat von Nachbarn die Information erhalten, dass die Bewohner abwesend sind, zudem ist die Statik durch die Intensität des Brandes nicht mehr gewährleistet. Diverse Rohrführerstellungen im Freien werden angeordnet, um gemeinsam mit den beiden Autodrehleitern den Brand im Gebäude gezielt zu löschen. Aber auch die Stellungen im Freien können nicht ohne Atemschutz bezogen werden - die Einsatzleitung ist in einiger Entfernung zum Objekt installiert, dennoch dreht der Wind immer wieder seine Richtung und beeinträchtigt gelegentlich auch die Einsatzleitung. Aufgrund dieser Dynamik müssen die Rohrführerstellungen im Freien laufend durch Atemschutztrupps abgelöst werden. Der Of Sicherheit lässt zudem alle Nachbarn im Quartier anweisen, sämtliche Fenster zu schliessen. Da fast alle Arbeiten unter Atemschutz erfolgen müssen, stehen bis zum Einsatzende Atemschutztrupps im Einsatz.
Für die Bewältigung des Einsatzes werden rund 225 Kubikmeter Wasser verbraucht. Ein beträchtlicher Teil wurde für das Halten der Nachbargebäude verwendet, vermutet Forster. Die Wasserversorgung hat optimal funktioniert, mittels Schlauchverleger konnte das Löschwasser aus verschiedenen Ringverbunden bezogen werden. Die Einsatzleitung hat es nicht versäumt, die Wasser- und Abwasserversorgung frühzeitig über den Einsatz zu informieren.
Letztlich hat sich der Einsatz in die Länge gezogen, weil das Ablöschen der Glutnester eines Weichbaus einer Sisyphusarbeit gleichkommt. Zudem waren Zwischenwände mühsam zu öffnen und viele Arbeiten mussten via Autodrehleitern vorgenommen oder abgesichert werden, da die Arbeit im Brandobjekt selbst aus statischen Gründen kaum möglich war. Um 05.30 Uhr wird der Einsatz beendet und der Brandwache übergeben. Die Brandursache ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen der Branddetektive der Luzerner Polizei.

LEHREN UND ERKENNTNISSE
- Gute Absprache unter Offizieren, der Einsatzleiter hatte immer ein
   aktuelles Bild der Lage.
- Ein enger, laufender Austausch vom Einsatzleiter und Atemschutzoffizier ist
   entscheidend.
- Trotz mehreren Feuerwehren auf Platz erfolgte eine effiziente und sehr gute
   Zusammenarbeit. Die Absprachen waren informativ und     unterstützend.
- Der Funkverkehr war herausfordernd. Es muss darauf geachtet werden,
   Rückmeldungen konsequent möglichst kurz zu halten und auf die eigentliche
   Anfrage zu beschränken.
- Im Zuge der Schadenplatzorganisation sind Anfahrts- und Warteräume möglichst
   frühzeitig zu definieren und wo nötig Absperrung und Einweisung anzuordnen.
- Der Atemschutz-Warteraum und der Sanitätsposten konnten jeweils in
   leergeräumten Garagen bei Nachbarn eingerichtet werden. Dies hat sich
   bewährt.
- Das Vertrauen der Bevölkerung war sehr spürbar, sehr viele Nachbarn
   unterstützten Einsatzkräfte spontan mit Verpflegung.

IM EINSATZ STANDEN
- Feuerwehr Udligenswil mit 59 AdF, einem Tanklöschfahrzeug und einem
   Schlauchverleger
- Feuerwehr Adligenswil mit 30 AdF, einem Tanklöschfahrzeug, einem
   Atemschutzfahrzeug und zwei Kleinfahrzeugen
- Feuerwehr Meggen mit 39 AdF, einem Tanklöschfahrzeug und einem
   Atemschutzfahrzeug
- Feuerwehr Küssnacht am Rigi mit 7 AdF, einer Autodrehleiter und einem
   Einsatzleitfahrzeug
- Feuerwehr Stadt Luzern mit 3 AdF und einer Autodrehleiter
- Luzerner Polizei mit einer Patrouille sowie Brandermittlung
- Pikettoffizier Feuerwehrinspektorat
- Feuerwehrzentrum Atemschutzlogistik
- Weitere: Elektrizitätswerk, Wasser- und Abwasserwerke

Claudio Passafaro
Korrespondent Kanton Luzern


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Foto Luzerner Zeitung